Wie alles begann

Juliane war schon immer neugierig, was in der Welt um sie herum passiert, wollte andere Länder und deren Menschen genauer kennen lernen. Ein großer Traum von ihr war es, einmal Amerika und seinen „way of life" selbst zu erleben.

Durch ein Stipendium wurde es ihr ermöglicht, sich bei einem Highschool-Programm in Amerika zu bewerben. Allerdings fiel es ihr auch sehr schwer, sich von ihrer Familie, ihren Freunden und Vielem, woran ihr Herz hing, für so lange Zeit zu trennen.

Zuerst kamen die langen Tage, Wochen und Monate des Wartens, bis sich eine geeignete Gastfamilie für sie fand. Wohin sollte es gehen? Hatte sie Gastgeschwister? Waren dort Haustiere? Wer waren die zukünftigen Gasteltern? Ob sie bald Freunde an der Schule fand? Was für Aktivitäten wurden in der Schule geboten? Fragen über Fragen. Sie wäre sehr gern irgendwohin ans Meer gekommen (sie liebte die Sonne, den Strand und das Meer) – aber das konnten wir nicht beeinflussen. Juliane war schon ganz verzweifelt, ob niemand sie haben wolle, als endlich Ende Juli 2002 die Nachricht kam, zu welcher Familie sie kommen konnte. Es war ein Ehepaar aus Beaufort, einer kleinen Stadt in North Carolina, direkt am Atlantischen Ozean. Unser kleiner Schatz war furchtbar aufgeregt, aber auch total glücklich. Es hatte sich eine Familie gefunden, zu der sie für 10 Monate dazugehören durfte und die wohnten auch noch direkt am Meer – einfach herrlich.

Am 20. August 2002 war es dann so weit. Wir brachten sie nach Frankfurt/ Main zum Flughafen und sahen sie dort zum allerletzten Mal.

Für Juliane begann nun eine wahnsinnig aufregende, aber auch schwierige Zeit. Sie war das erste Mal ganz allein in einem fremden Land, bei völlig fremden Menschen und konnte auch nicht mehr einfach so zurück, sie musste nun diese 10 Monate durchhalten. Wenn sie irgend etwas bedrückte, sie ihre Freunde oder ihre Familie hier in der Heimat brauchte, dann hatte sie nur das Telefon oder das Internet. Fern von der Heimat plagte sie oftmals Heimweh und es wurde ihr wieder so richtig bewusst, wie wichtig Freunde und Familie für sie waren.

Juliane lebte sich aber doch recht schnell ein und fand auch schnell neue Freunde in der Schule. Im Grunde kann man sagen, dass es ein sehr schönes und aufregendes Jahr für Juliane war. Sie lernte viele neue Menschen kennen, machte sich mit der amerikanischen Kultur vertraut, verbesserte ihre Englisch-Kenntnisse, wurde viel selbständiger und auch erwachsener. Sie hatte viele Freunde gefunden, konnte ihr schauspielerisches Talent bei einem Musical, welches die Schule aufführte, unter Beweis stellen, war Mitglied der Sokker-Mannschaft (Fußball) sowie des Beta-Clubs.
 

  

Als das Schuljahr dem Ende zuging wurde sie von den Schülern auf dem Abschlussball zur „Prom-Prinzessin" gewählt.

Wir waren so stolz auf unsere Kleine, freuten uns riesig mit ihr darüber. Es will schon was heißen, wenn eine Austausch-Schülerin zur beliebtesten Schülerin ihres Jahrganges gewählt wird.

    

Da es Juliane so gut in Amerika gefiel, nutze sie die Gelegenheit, um ihren Aufenthalt noch um einige Wochen zu verlängern. Sie verschob ihre Abreise vom 8. Juni auf den 27. Juni. Sie wollte noch einige Wochen ohne Schulstress mit ihren neuen Freunden am Meer verbringen. Es fiel ihr unheimlich schwer, sich von allen dort zu verabschieden und sie hatte Angst nicht mehr alles zu schaffen, was sie sich dort vorgenommen hatte. Ihre engste Freundin Aubry erzählte mir später, dass sie eine Liste mit allen Dingen gemacht hatte, die sie unbedingt noch machen wollte, bevor es zurück nach Deutschland ging. Ganz oben auf dieser Liste stand eine Campingtour nach Ocracoke (eine wunderschöne Insel ganz in der Nähe von Beaufort).

Wäre sie doch niemals dorthin gefahren, dann wäre sie vielleicht noch am Leben.